Eine Einführung in die Grundlagen einer psychopathologischen Perspektive, die sich in den letzten zwanzig Jahren durch die Integration von phänomenologischer Psychopathologie und Gestaltpsychotherapie entwickelt hat. Es handelt sich um einen Ansatz, menschliches Leiden von einem phänomenologischen und feldorientierten Ansatz aus zu verstehen. Ausgehend von diesen Grundlagen ergibt sich eine radikal relationale Lesart sowohl für die Art und Weise, wie Leiden entsteht und sich manifestiert, als auch für die Art und Weise, wie Psychotherapie wirkt. Die Ergebnisse dieser Auseinandersetzung haben tiefgreifende Auswirkungen auf die klinische Praxis und ermöglichen eine Anschlussfähigkeit an alle modernen, relational orientierten Verfahren, die sie für Psychotherapeuten unterschiedlicher Ansätze interessant machen.
Das Buch bietet einerseits Studenten einen ersten Einstieg in dieses für eine nachhaltige Weiterentwicklung von Psychotherapie und Gestaltpsychotherapie zentrale Thema und andererseits regt er auch den erfahrenen Profi dazu, sich sowohl die umfangreiche weiterführende und grundlegende Literatur zu erschließen, als auch diese Perspektive durch neue Veröffentlichungen und spezifische klinische Ausbildungen weiter kreativ zu erforschen.
Francesettis Buch wird in dieser erweiterten und korrigierten deutschen Ausgabe durch mehrere Wissenschaftler aus Italien, Amerika, Spanien, Deutschland und Österreich zusammen mit einem ausführlichen Blick auf die grundlegende Literatur zu einem hilfreichen Fundus für den Leser in Studium, Ausbildung, Forschung und Lehre.
»Ich schätze die neueren feldtheoretisch fundierten Ansätze in der Gestalttherapie und stehe ihnen gleichzeitig kritisch gegenüber. Im Falle der hier vorliegenden Arbeit überwiegt bei weitem die Wertschätzung. Was hier, mit Francesettis Version einer gestalt-phänomenologischen Psychopathologie als Zentrum, konzentriert und auf relativ wenigen Seiten präsentiert wird, ist letztlich eine eigenständige und innovative Version gestalttherapeutischer Theorie und Praxis. Eine stimulierende gute Gestalt. Für mich ein kleines Meisterwerk.«
(Dr. Bernd Bocian, Gestalttherapeut, Genua)
»Die phänomenologische Psychopathologie wird in diesem Text vorausgesetzt, aber sie wird ‚intrinsisch‘, genauso wie die Gestaltpsychopathologie, um der Reinheit oder, wenn wir so wollen, der Kontamination durch die Erfahrung den Raum zu lassen, dem Mit-Erfahren, oder vielmehr dem Erfahren einer gemeinsamen Körperlichkeit, der Dualität von Therapeut und Patient. Dieses Buch von Gianni Francesetti ist ein wahrer Weggefährte, mit dem man innehalten kann, zwischen einer Begegnung und der anderen; mit dem man sich treffen kann, so oft wie möglich. Bis der Blick des einen Menschen sich am Ende im Blick eines anderen Menschen verliert.«
(Prof. Dr. Gilberto Di Petta, Dipartimento di Salute Mentale, Universität Neapel)
»Dieses Buch verknüpft die Ansätze der phänomenologische Psychopathologie, der Gestaltpsychologie und Gestalttherapie sowie der Feldtheorie zu einer neuen Sicht auf den leidenden Menschen: Statt ihm eine Funktionsstörung zuzuschreiben, die die medizinische Therapie zu korrigieren hat, sieht Francesettis Konzeption die Störung als Veränderung des phänomenalen Felds, das Patient und Therapeut als verkörperte Personen verbindet und eine interaktive psychopathologische Dynamik hervorbringt. Damit gelingt es Francesetti, die immer noch dominierende Vorstellung einer ‚inneren Psyche‘ und eine entsprechend individualistische Sicht der Psychopathologie zu überwinden: Das ‚Zwischen‘ ist der eigentliche Ort der Störung, ihrer Diagnostik und Therapie.«
(Prof. Dr. Thomas Fuchs, Klinik für Allgemeine Psychiatrie / Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Heidelberg)
Aus dem Inhalt:
Wie funktioniert Psychotherapie?
Was ist Psychopathologie?
Unterschiedliche Psychopathologien
Psychopathologie und Diagnose
Besonderheiten der phänomenologisch gestalttherapeutischen Psychopathologie
Psychopathologisches Leiden
Merkmale von neurotischem, Borderline- und psychotischem Leiden
Lebensereignissen und psychopathologische Formen
Wird Leiden über Generationen weitergegeben?
Leiden und psychotherapeutische Sitzung
Psychopathologie und Gesellschaft
Phänomenologisch-gestalttherapeutische Psychopathologie und klinische Praxis
Grillmeier-Rehder / Pernter: Vorwort der Herausgeber
Eugenio Borgna: Vorwort zur italienischen Ausgabe
Gianni Francesetti: Einleitung zur deutschen Ausgabe
Gilberto Di Petta: Einführung: In der Begegnungszone
Carmen Vázquez Bandín: Vorwärts gehen zu den Wurzeln
Lynne Jacobs: Ethisch fundierte Begegnung als gute Therapie
Dan Bloom: Eine Coda – zum Innehalten, zum Nachdenken
Literatur: Phänomenologisch-gestalttherapeutische Psychopathologie
Der Autor
Psychiater und Gestaltpsychotherapeut, international tätiger Gestalttherapie-Ausbildner und Supervisor. Honorarprofessor an der Universität von Turin; Co-Direktor des ‚Internationalen Instituts für Psychopathologie und Gestalttherapie‘ und des Ausbildungsinstitutes in Gestalttherapie; Präsident von ‚Poiesis / Turiner Gestalttherapie-Zentrum‘. Er gründete – gemeinsam mit Gestalt Studia-CZE die Turiner Schule für Psychopathologie. Ehem. Präsident der ‚European Association for Gestalt Therapy‘ und ‚Società Italiana Psicoterapia Gestalt‘, dem Verband der italienischen Gestaltinstitute und der ‚Federazione Italiana delle Associazioni di Psicoterapia‘, der Vereinigung der italienischen Psychotherapieverbände; Mitglied des ‚New York Institute for Gestalt Therapy‘.
Vielfältige Praxis-, Lehr- und Kongress-Tätigkeit; Autor von zahlreichen Publikationen, u.a. über Depression, Angst- und Zwangsstörungen; Mitherausgeber des Handbuchs Gestalttherapie in der klinischen Praxis (EHP 2016), das in mehreren Sprachen vorliegt.
Das IGW besteht mittlerweile nicht nur aus vier Schwesterinstituten in Würzburg, Wien, Zürich, Bozen, sondern wirkt mit seiner Ausbildungsarbeit weit über den deutschen Sprachraum hinaus: die Länder des ehemaligen Jugoslawien, China, Bolivien…
Gelebte Methode, gelebte Gestalttherapie-Geschichte, gelebte Globalisierung des Gestalt-Ansatzes in Klinik, Beratung, Organisationsentwicklung und Ausbildung.
Eine Geschichte der Gestalttherapie im deutschsprachigen Raum am Beispiel der 40-jährigen Geschichte eines der größten und ältesten Gestaltinstitute Deutschlands.
Eine Standortbestimmung, in der sich die Vielfalt und Lebendigkeit der Gestalttherapie spiegelt, wie sie sich von ihren anarchischen Anfängen hin zu einer in weiten Teilen der Welt anerkannten und hocheffektiven klinischen Psychotherapiemethode entwickelt hat, ohne dabei ihre ursprüngliche Frische und ihr gesellschaftskritisches Potential einzubüßen.
Geschrieben für Psychotherapeuten, Mitarbeiter in Beratungsstellen, Studierende und Interessierte.